Krankheitsverläufe: Wie kann das Wiskott-Aldrich-Syndrom verlaufen?

Autor:  Prof. Dr. med. Michael Albert / Dr. med. habil. Gesche Tallen, Zuletzt geändert: 06.11.2023 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e253587

Verschiedene Veränderungen im WAS-Gen führen bei den Betroffenen zu unterschiedlichen Verläufen der Krankheit. Diese können sogar innerhalb einer Familie (also mit derselben genetischen Veränderung) stark variieren. Man unterscheidet mildere Verlaufsformen vom klassischen WAS. Mildere Varianten, die man früher auch als X-gebundene Thrombozytopenie bezeichnet hat, können jederzeit in eine klassische Variante übergehen.

Klassisches Wiskott-Aldrich-Syndrom (schweres WAS)

Bei einem klassischen Wiskott-Aldrich-Syndrom können die weißen Blutzellen viele ihrer Aufgaben nicht richtig erfüllen. Die Folge ist eine schwere Verlaufsform, bei der die meisten Betroffenen typischerweise gleichzeitig an einem Immundefekt, Ekzem sowie an Gerinnungsstörungen wie einer Thrombozytopenie leiden (siehe Krankheitszeichen“). Die damit verbundenen gesundheitlichen Probleme treten gehäuft in den ersten beiden Lebensjahren auf.

Das klassische WAS kann individuell unterschiedlich ausgeprägt sein. So zeigen manche Patienten erst im Kleinkind- oder Schulalter alle drei der typischen Krankheitssymptome, während andere bereits im frühen Säuglingsalter mit einer schweren Thrombozytopenie, lebensbedrohlichen Infektionen und schlecht behandelbarem Ekzem auffallen.

Wird die Diagnose eines WAS frühzeitig gestellt, können rechtzeitig vorsorgende Maßnahmen getroffen werden, wie Behandlungen mit Antibiotika und/oder Immunglobulinen zur Vermeidung von Infektionen.

Wichtig zu wissen:
Ohne eine Behandlung, mit der die kranken Blutzellen der Patienten komplett beseitigt werden (zum Beispiel durch eine so genannte allogene Stammzelltransplantation), führt das klassische WAS meist innerhalb der ersten 10 Lebensjahre zum Tod.

Mildere Verlaufsformen des WAS

Der Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) steht bei milderen Varianten im Vordergrund. Manche Patienten haben lebenslang außer einer Thrombozytopenie keine anderen Krankheitszeichen. Andere leiden zusätzlich an einem milden Ekzem. Allerdings kann es auch bei dieser Variante zu jedem Zeitpunkt zum Auftreten von gesteigerter Infektionsanfälligkeit, Autoimmun- und Krebserkrankungen (siehe „Krankheitszeichen“) kommen. Sehr selten werden auch Patienten beobachtet, bei denen die Thrombozytopenie nur vorübergehend, jedoch wiederkehrend auftritt.

X-gebundene Neutropenie (X-linked neutropenia)

Eine sehr seltene Variante des WAS ist die so genannte X-gebundene Neutropenie. Die Veränderungen im WAS-Gen führen in erster Linie zu einem Mangel an weißen Blutkörperchen, insbesondere an neutrophilen Granulozyten. Diese sind vor allem für die Infektionsabwehr zuständig. Bei einem Mangel an neutrophilen Granulozyten kommt es demnach zu einer gesteigerten Infektanfälligkeit. Die Behandlung der X-gebundenen Neutropenie orientiert sich bezüglich der Vorgehensweise an der schweren angeborenen Neutropenie. Nähere Erläuterungen hierzu sind im Informationstext zu den schweren angeborenen Neutropenien unter Neutropenien/Therapie zu finden.