Indikationsstellung

Autor:  Dr. med. habil. Gesche Tallen, Freigabe:  Dr. med. Jörn-Sven Kühl, Zuletzt geändert: 31.05.2023 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e267858

Bevor eine hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT) durchgeführt wird, muss erstens geklärt sein, ob sie überhaupt angezeigt (indiziert) ist und zweitens, welche Form der Stammzelltransplantation bei dem betroffenen Patienten in Frage kommt (HLA-identisch oder auch nicht HLA-identisch).

Für den Erfolg der Stammzelltransplantation spielt der Allgemeinzustand des Patienten vor der Stammzelltransplantation (SZT) eine wichtige Rolle. Kinder und Jugendliche, die bereits mit vorgeschädigten Organen, zum Beispiel durch eine hohe Eisenlast bei Thalassämien, in die Transplantation gehen, haben ein größeres Risiko, Komplikationen während und nach der Transplantation zu entwickeln.

Deswegen ist es bei einigen Patienten sinnvoll, eine HSZT möglichst früh (nach dem Erreichen des 2. Lebensjahres) zu planen, bzw. bei älteren Patienten zum Beispiel eine schonendere Konditionierungstherapie auszuwählen.

Fortschritte, die sowohl die herkömmlichen Behandlungsmöglichkeiten als auch die Transplantationsmedizin betreffen, werden diese schwierigen Fragestellungen stetig beeinflussen. Da eine Stammzelltransplantation sehr aufwändig ist und außerdem mit Komplikationen verbunden sein kann, wird in der Regel gefordert, dass das zu erwartende Ergebnis der Transplantation in irgendeiner Form besser ist als das der wirksamsten herkömmlichen Therapie.

Ob letztlich tatsächlich eine Stammzelltransplantation durchgeführt wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von der Verfügbarkeit eines passenden Spenders und dem Allgemeinzustand des Patienten. Die behandelnden Ärzte berücksichtigen diese und weitere Bedingungen bei Ihrer Entscheidung. Selbstverständlich müssen auch der Patient und/oder seine Angehörigen mit der Behandlung einverstanden sein.

Die Entscheidung für oder gegen eine Stammzelltransplantation ist für Patienten mit nicht-malignen Erkrankungen wie zum Beispiel einer Beta-Thalassämie im Gegensatz zu Patienten mit bösartigen Erkrankungen, wie beispielsweise einer Leukämie, deutlich schwieriger zu fällen. Das Beratungsgespräch sollte mit einem in den Bereichen Hämoglobinopathien, Immundefekt, Stoffwechselerkrankung und Stammzelltransplantation erfahrenen Arzt nach den geltenden Empfehlungen von Fachgesellschaften und Experten geführt werden. Zentrales Thema in diesen Gesprächen ist immer wieder die Risikoabwägung von Reduktion oder Verhinderung von Symptomen der Grunderkrankung sowie einer verbesserten Lebensqualität gegenüber dem Risiko, an einer Stammzelltransplantation zu versterben oder eventuellen Langzeitschäden durch die Transplantation davonzutragen.

Gut zu wissen: Die Transplantationseinrichtung überprüft grundsätzlich vor der Durchführung einer Stammzelltransplantation noch ein weiteres Mal, ob für diese Behandlung tatsächlich eine Indikation besteht. Sie koordiniert außerdem die vorausgehenden Untersuchungen sowie die vorbereitende Behandlung (Konditionierung), die Stammzellentnahme und die Transplantationsnachsorge.