Spätfolgen der Stammzelltransplantation

Autor:  Dr. med Andrea Jarisch, Dr. med. habil. Gesche Riabowol, Maria Yiallouros, Redaktion:  Julia Dobke, Freigabe:  Dr. med. Sven-Jörn Kühl, PD Dr. med. Sebastian Voigt, Zuletzt geändert: 28.08.2024 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e267742

Eine hämatopoetische Stammzelltransplantation (HSZT), insbesondere die allogene, ist noch immer mit erheblichen akuten Nebenwirkungen und Langzeitfolgen behaftet. Sie sind auf die hoch dosierte Chemotherapie (Konditionierung) sowie auf die Stammzelltransplantation selbst zurückzuführen:

  • Durch die allogene Stammzelltransplantation kommt es bei einem Teil der Patienten zu einer akuten und gegebenenfalls im Verlauf chronischen Spender-gegen-Empfänger-Reaktion) (englisch: Graft versus Host Disease, GvHD), die sich gegen verschiedene Organe und Organsysteme richten kann. Betroffen sind bei der akuten GvHD hauptsächlich Haut, Leber und der Magen-Darm-Trakt (siehe Kapitel „Komplikationen“). Bei der chronischen GvHD. können neben den genannten Organen auch unter anderem Autoimmunerkrankungen auftreten.
  • Aufgrund der Therapie sind Schädigungen von Lunge, Herz und Gefäßsystem, Nieren, Nervensystem sowie des Magen-Darm-Traktes möglich.
  • Besonders gefährdet ist das Hormonsystem (endokrine System) des Patienten; es kann teilweise oder komplett ausfallen. Bei einigen Patienten tritt eine Schilddrüsenunterfunktion auf. Nicht selten sind auch Wachstumsverzögerungen (durch eine Störung der Wachstumshormonausschüttung) sowie eine Verzögerung der Pubertät (durch beeinträchtigte Bildung von Geschlechtshormonen). Aus diesem Grund ist die langfristige hormonelle Nachsorge von SZT-Patienten besonders wichtig. Sie umfasst die regelmäßige Untersuchung des Patienten und, gegebenenfalls, eine Behandlung mit entsprechenden Hormonen.
  • Die intensive Chemotherapie kann zu einer bleibenden Unfruchtbarkeit führen. Grundsätzlich sollten alle Patienten mit nicht bösartigen Grunderkrankungen, die sich bereits in oder nach der Pubertät befinden, während der Planung der SZT über die Fruchtbarkeit erhaltenden Maßnahmen aufgeklärt werden. Besonders bei Jungen besteht dann leicht die Möglichkeit, Spermien zu sammeln und einzufrieren (sogenannte Kryokonservierung). Bei Mädchen kann eine Ovarkyrokonservierung erwogen werden. (siehe die folgende Unterseite zu Fruchtbarkeit).
  • Des Weiteren besteht ein erhöhtes Risiko, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine bösartige Tumorerkrankung eintritt. Das Risiko ist bei einer Kombination von Chemo- und Strahlentherapie höher als bei alleiniger Chemotherapie [BOR2008] [BAK2003]. Auch eine chronische Spender-gegen-Empfänger-Reaktion (GvHD) begünstigt die Entstehung von Tumoren, denn sie führt zu einer anhaltenden Beeinträchtigung des Immunsystems. Vor allem Krebserkrankungen der Haut und der Schleimhäute spielen hier eine Rolle.
  • Eine Stammzelltransplantation ist ein tiefgreifender Eingriff in den Organismus mit einem entsprechend langen stationären Aufenthalt, der für die betroffenen Familien und Kinder auch psychische Folgen haben kann.

Weitere, allgemeine Informationen zu möglichen Spätfolgen an Organen oder Organsystemen (wie Fortpflanzungsorgane, Niere, Herz) erhalten Sie in unserer Patienteninformation im Partnerportal kinderkrebsbinfo zum Thema „Spätfolgen - Betroffene Organe“.