Transfusion der Stammzellen (Tag 0)

Autor:  Dr. med. habil. Gesche Tallen, Freigabe:  Dr. med. Sven-Jörn Kühl, Zuletzt geändert: 31.07.2023 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e267868

Die Stammzelltransplantation findet in der Regel ein bis zwei Tage nach der Beendigung der Konditionierungsbehandlung (Hochdosistherapie) statt. Der Vorgang an sich ähnelt einer Bluttransfusion und ist somit relativ unspektakulär: Der Empfänger erhält die Blutstammzellen durch eine Infusion in die Vene, meist über einen zentralen Venenkatheter (Hickman-Katheter). Ihren Weg in das Knochenmark finden die Stammzellen dann von allein.

Um eventuell auftretenden Komplikationen – zum Beispiel Veränderungen des Blutdruckes aufgrund des Volumens des Knochenmarks oder eine Reaktion auf das Transplantat oder das darin (nach Kryokonservierung) enthaltene Gefrierschutzmittel – unverzüglich entgegenzuwirken, werden der Blutdruck, die Sauerstoffsättigung und die Herzfrequenz des Patienten während und nach der Transplantation permanent mit Hilfe eines Monitors überwacht.

Die Stammzellen (periphere Stammzellen oder Knochenmark) werden vorzugsweise und wenn möglich frisch transfundiert. Nach der Entnahme wird das Transplantat von einem Kurier vom Entnahmezentrum, das sich gegebenenfalls auch in einem anderen Land befinden kann, zu dem behandelnden Zentrum transportiert. Sie sind maximal 72 Stunden haltbar.

Das Volumen des Knochenmarks kann von wenigen 100 Millilitern bis zu 1,5 Liter betragen. Es sollte über mehrere Stunden einlaufen, damit die Volumenbelastung beim Patienten nicht zu einer Blutdruckerhöhung führt. Das maximale Volumen, das einem Patienten transfundiert werden darf, wird nach dem Gewicht des Patienten berechnet. Sollte das Volumen für ein Kind mit einem niedrigen Gewicht zu groß ist, kann das Transplantat auch geteilt und an zwei aufeinander folgenden Tagen transfundiert werden.

In bestimmten Situationen (zum Beispiel wenn der Spender zum Transplantationszeitpunkt nicht verfügbar ist (oder während der Corona-Pandemie) wird tiefgefrorenes, konserviertes Stammzellmaterial verwendet. Tiefgefrorene Stammzellpräparate müssen vor ihrer Übertragung aufgetaut werden. Anschließend wird das Transplantat zügig über den Hickman-Katheter gespritzt.

Unter Umständen muss das Stammzellpräparat vor der Gabe noch im Stammzell-Labor „bearbeitet“ werden.

Wenn sich zum Beispiel die Gewebemerkmale von Spender und Empfänger zu sehr unterscheiden (wie beispielsweise bei der haploidenten Stammzelltransplantatio), kann es nötig sein, vorab die Immunzellen (T-Lymphozyten) des Spenders aus dem Transplantat zu entfernen, damit diese nicht den Organismus des Empfängers angreifen. Dabei werden gelegentlich auch die roten Blutkörperchen mit entfernt, so dass das Transplantat hinterher weiß aussieht und nur noch ein Volumen von etwa 50 bis 100 ml umfasst. Dieses Volumen wird dann in wenigen Minuten transfundiert. Auch bei Unterschieden in der Blutgruppe (ABO-Blutgruppe) werden, wenn notwendig, die roten Blutkörperchen, das Blutplasma oder beides aus dem Transplantat entfernt.

Gut zu wissen: Der Tag der Transplantation wird als Tag 0 bezeichnet, da das Leben an diesem Tag mit einem neuen, gesunden Immunsystem beginnt. Die Tage, die auf die Transplantation folgen, nennt man entsprechend Tag +1, Tag +2, Tag +3, usw.