Diagnose: Wie wird ein Hämophagozytose-Syndrom festgestellt?

Zuletzt geändert: 16.03.2023 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e211881

Um eine HLH-Erkrankung festzustellen, sind zunächst eine sorgfältige körperliche Untersuchung sowie eine genaue Erhebung der Anamnese (Krankheitsgeschichte) unter Mitbeurteilung der Familiengeschichte (wie zum Beispiel Blutsverwandtschaft, bekannter Immundefekt in der Familiengeschichte) von Bedeutung. Sie können eine erste Auskunft geben, wie stark der Krankheitsschub ist und ob es sich um eine primäre oder sekundäre Form der HLH handelt (siehe Kapitel: Ursachen der HLH)

Es gibt keine spezifischen Untersuchungen oder einen Test, die die Diagnose eines Hämophagozytose-Syndroms belegen oder widerlegen könnten.

Gemäß der europäischen Studiengruppe HLH 2004, die sich den angeborenen Hämophagozytose-Syndromen widmet, basiert die Diagnose auf dem Vorhandensein von 5 der folgenden 8 Kriterien

  • Fieber
  • Vergrößerung der Milz (Splenomegalie)
  • Erniedrigung von mindestens zwei Blutzellreihen: Hämoglobin < 9,0 g/dl (bei Neugeborenen < 10 g/dl), Thrombozyten < 100.000/µ, neutrophile Granulozyten < 1000/µl
  • Erhöhung der Blutfette (Hypertriglyceridämie, >= 3mmol/l) nüchtern und/oder Erniedrigung des Gerinnungsfaktors Fibrinogen im Blut (Hypofibrinogenämie (< 1.5 g/l)
  • Mikroskopischer Nachweis der Aufnahme von Blutzellen durch Makrophagen (Hämophagozytose) im Knochenmark, in Milz oder Lymphknoten
  • Erhöhung des Speicherstoffs für Eisen Ferritin (Hyperferritinämie <= 500 μg/l)
  • Erhöhter Spiegel von löslichem CD25 (< 2400 UI/ml), als Zeichen einer überschießenden Entzündungsreaktion im Körper
  • Defekt der NK-Zellen (Natürliche Killerzellen)

Während eines Hämophagozytose-Syndroms kommt es zur überschießenden Aktivierung und Vermehrung von T-Zellen. Diese Zellen können praktisch in alle Organe einwandern und durch die vermehrte Ausschüttung von Zytokinen eine derart starke Aktivierung der Makrophagen bewirken, dass diese beginnen, andere Blutzellen aufzufressen (zu phagozytieren), was zum Bild der Hämophagozytose führt. Die weiteren klinischen Symptome lassen sich durch die Einwanderung der T-Zellen in die unterschiedlichen Organe und durch die erhöhte Konzentration der Zytokine erklären, die durch T-Zellen und Makrophagen ausgeschüttet werden.

Diagnostische Methoden

Blutuntersuchungen

  • Blutbild (Hämoglobin, Thrombozyten, Leukozyten) und Blutausstrich
  • Entzündungswerte (CRP, lösliches CD25)
  • Leberwerte (AST, ALT, Blutfette)
  • Bestimmung von Gerinnungswerten und des Ferritins
  • Wichtig sind auch immunologische Blutuntersuchungen, bei denen die Zelltoxizität von Natürlichen Killerzellen und T-Zellen im Reagenzglas untersucht werden kann. Diese Untersuchungen können in der Regel einen raschen Aufschluss darüber geben, ob eine primäre oder eine sekundäre HLH vorliegt.
  • Wenn der Verdacht auf eine primäre HLH vorliegt, werden genetische Untersuchungen durchgeführt, um den Verdacht zu bestätigen.
  • Da der Auslöser für einen Krankheitsschub sowohl bei den angeborenen als auch bei den sekundären HLH-Formen eine Infektion sein kann, sollte auch immer sofort nach Krankheitserregern (Viren, Bakterien) gesucht werden.

Lumbalpunktion

Auch eine Lumbalpunktion (Punktion zur Gewinnung von Nervenwasser) ist in der Regel nötig. Im Nervenwasser kann häufig erhöhtes Eiweiß und erhöhte Zellzahlen nachgewiesen werden.

Knochenmarkpunktion

Eine Knochenmarkpunktion ist für die Sicherung der Diagnose und für den Ausschluss von anderen Erkrankungen wie Blutkrebs (Leukämie), die sich ganz ähnlich zeigen kann, von Bedeutung. Oft sieht man im Knochenmark Hämophagozytose, dies ist aber nicht immer der Fall.

Bildgebende Verfahren

Zusätzliche Untersuchungen können bildgebende Verfahren wie ein Ultraschall des Bauchraumes und eine Kernspinuntersuchung (MRT) des Kopfes, sowie ein Elektroenzephalogramm (Ableitung der Hirnströme, EEG) im Falle des Auftretens neurologischer Symptome sein. Die Notwendigkeit dieser Untersuchungen richtet sich nach den vorhandenen Krankheitszeichen.

Spezielle Diagnostik

Beim Griscelli- Syndrom und beim Chediak-Higashi Syndrom ist als ergänzende Diagnostik die Mikroskopie von Haarenschaften sinnvoll.