Evans-Syndrom
Das Evans-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung unklarer Entstehung. Es liegt eine Kombination aus Autoimmunhämolytischer Anämie (AIHA) und Immunthrombozytopenie (ITP) vor.
Autor: Prof. Dr. med. U rsula Creutzig, Redaktion: Ingrid Grüneberg, Freigabe: Dr. med. J. Kunz, Zuletzt geändert: 10.09.2025 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e286842
Das Evans-Syndrom ist eine seltene Autoimmunerkrankung unklarer Herkunft, die durch eine Kombination aus Autoimmunhämolytischer Anämie (AIHA) und Immunthrombozytopenie (ITP) gekennzeichnet ist. In einigen Fällen kann zusätzlich eine Neutropenie bestehen.
Überblick: Was ist das Evans-Syndrom?
Das Evans-Syndrom ist eine seltene Autoimmunerkrankung unklarer Herkunft, die durch eine Kombination aus Autoimmunhämolytischer Anämie (AIHA) und Immunthrombozytopenie (ITP) gekennzeichnet ist. In einigen Fällen kann zusätzlich eine Neutropenie bestehen.
Krankheitsbild
Beim Evans-Syndrom greift das Immunsystem die eigenen Blutzellen an. Meist werden die roten Blutkörperchen (Erythrozyten) und die Blutplättchen (Thrombozyten) zerstört. Dies führt zu einer Anämie (Blutarmut) und einer verringerten Anzahl von Thrombozyten. Symptome sind unter anderem Müdigkeit, Blässe, Kurzatmigkeit sowie Haut- oder Schleimhautblutungen (zum Beispiel Punktblutungen oder Nasenbluten). Manchmal sind auch bestimmte weiße Blutkörperchen (Neutrophile) betroffen, was häufiger zu Infekten führt.
Häufigkeit
Das Evans-Syndrom ist bei Kindern und Erwachsenen sehr selten. Schätzungen aus Europa gehen von etwa 0,1 Fällen pro 100 000 Einwohner aus. Das bedeutet, dass es in ganz Deutschland nur wenige Dutzend Betroffene gibt. Exakte Zahlen für Deutschland fehlen, doch rechnet man mit ähnlich niedrigen Werten wie in anderen europäischen Ländern.
Diagnose
Die Diagnose des Evans-Syndroms fußt auf klinischen Symptomen, Laborbefunden und dem Ausschluss anderer möglicher Ursachen. Es zeigt sich eine Kombination aus Coombs-positiver Autoimmunhämolytischer Anämie (AIHA) und Autoimmunthrombozytopenie (ITP) ohne begleitende bösartige oder Autoimmunerkrankung. Sie kann mit anderen hämatologischen Störungen einhergehen, wie z.B. mit einer Neutropenie.
Typisch sind:
- Ein positiver Coombs-Test (direkter Antiglobulin-Test): zeigt, ob Antikörper an roten Blutkörperchen haften. Ein positives Ergebnis deutet auf das Vorhandensein von Autoantikörpern gegen Erythrozyten hin.
- Im Blutbild finden sich niedrige Hämoglobin- und Thrombozytenwerte. Entzündungs- und Abbauparameter (z. B. indirektes Bilirubin, Laktatdehydrogenase (LDH)) können erhöht sein.
- Andere Ursachen/ Erkrankungen werden gegebenenfalls durch Knochenmarkuntersuchung oder Bildgebung (z. B. Computertomographie, CT) ausgeschlossen.
- Sekundäres Evans-Syndrom: Liegt noch eine andere Autoimmunerkrankung (z. B. Lupus erythematodes) oder ein Lymphdrüsenkrebs vor, spricht man von einer sekundären Form. Das Evans-Syndrom kann auch auf angeborene Fehler der Immunregulation hinweisen. Deshalb gibt ein Evans-Syndrom Anlass zur Suche nach solchen Erkrankungen des Immunsystems, von denen manche spezifisch behandelt werden können.
Therapie
Die Behandlung des Evans-Syndroms zielt darauf ab, die Autoimmunreaktion zu unterdrücken und die Symptome von Anämie und Thrombozytopenie zu lindern.
Die Therapie besteht aus einer Kombination von verschiedenen Ansätzen, wie zum Beispiel:
Erstlinientherapie:
- Die Erstlinientherapie besteht aus Glukokortikoiden wie das Medikament Prednison, ein künstlich hergestelltes Glukortikoid (Kortison)
- Bei schweren Verlaufsformen zusätzlich Infusionen mit Immunglobulinen (IVIG)
Weitere Behandlungen, wenn Kortison nicht ausreicht:
- Rituximab (ein Antikörper gegen bestimmte B-Zellen oder
- andere Immunsuppressiva wie Mycophenolat oder Ciclosporin
- Bluttransfusionen bei schwerer Anämie
- Gabe von Thrombozytenkonzentraten bei schwerer Thrombozytopenie oder Blutungen
- Splenektomie (operative Entfernung der Milz)
Heilung
Eine Stammzelltransplantation kann das Evans-Syndrom zwar dauerhaft heilen, ist aber mit hohen Risiken verbunden.
Prognose
Das Evans-Syndrom verläuft meist über Jahre hinweg mit Phasen von Besserung und Rückfällen. Häufige Komplikationen sind Blutungen und Infektionen. Grundsätzlich ist das Evans-Syndrom durch die ausgeprägte Blutarmut, durch Infektionen und die Blutungsneigung lebensbedrohlich und bedarf deshalb häufig unmittelbar bei Diagnose einer intensiven Therapie. Die langfristige Aussicht hängt davon ab, ob das Evans-Syndrom wiederkehrt. Wird es durch eine zugrunde liegende Erkrankung wie eine Krebserkrankung oder einen Immundefekt verursacht, bestimmt meist die Grundkrankheit die Lebenserwartung. Eine enge, dauerhafte Betreuung, am besten durch einen Kinderhämatologen, ist wichtig, um Rückfälle früh zu erkennen und zu behandeln.

