Krankheitszeichen: Welche Krankheitszeichen haben Patienten mit angeborener Kugelzellenanämie?

Autor:  Prof. Dr. med. Stefan Eber, Zuletzt geändert: 27.08.2025 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e285878

Die angeborene Kugelzellenanämie ist eine Erkrankung, die mehrere Organe schädigen kann. Die meisten gesundheitlichen Probleme der Patienten entstehen als Folge des gesteigerten Abbaus der Erythrozyten (Hämolyse). Hierzu gehören insbesondere:

  • Blutarmut (hämolytische Anämie)
  • Gelbsucht (Ikterus)
  • Aplastische Krise
  • Milzvergrößerung (Splenomegalie).

Um die Untersuchungsmethoden und die Behandlungen für Patienten mit angeborener Kugelzellenanämie besser zu verstehen, ist es zunächst wichtig zu erfahren, wie es zu den verschiedenen Beschwerden und gesundheitlichen Problemen kommt.

Blutarmut (hämolytische Anämie)

Die kugelförmigen roten Blutkörperchen werden von der Milz, einem Organ des körpereigenen Abwehrsystems, als Fremdkörper wahrgenommen und daraufhin vermehrt in ihr abgebaut. Wenn im Körper zu wenig rote Blutkörperchen zirkulieren, kommt es zur Blutarmut (Anämie) und zu einer verminderten Konzentration des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin). Dadurch entsteht eine ungenügende Sauerstoffversorgung im ganzen Körper. Häufige Beschwerden von Patienten mit einer Anämie sind deshalb Blässe, Müdigkeit, Leistungsabfall und Kopfschmerzen.

Gelbsucht (Ikterus)

Durch den übermäßigen Zerfall der roten Blutkörperchen fallen vermehrt Abbauprodukte an. Diese Abbauprodukte (u.a. Bilirubin) können in der Gallenblase verklumpen, wo sie Gallensteine bilden, die später in den Gallengängen stecken bleiben und dadurch starke Schmerzen im rechten Oberbauch verursachen. Es kommt zum Aufstau von Galleflüssigkeit und zur Ablagerung von Blutabbauprodukten anderswo im Körper. In der Folge entstehen eine Gelbfärbung der Haut und des Augenweißes (Gelbsucht, Ikterus) und manchmal auch Entzündungen der Gallenblase (Cholezystitis). Bei den meisten jungen Patienten erzeugen die Gallensteine jedoch keine starken Beschwerden.

Hyperhämolytische Krise

Manche Infektionskrankheiten führen bei Patienten mit Kugelzellenanämie dazu, dass noch mehr Erythrozyten als sonst abgebaut werden. Das liegt größtenteils daran, dass die Milz im Rahmen von Infektionen vermehrt Abwehrarbeit leisten muss. Dadurch wird sie "hyperaktiv", das heißt dazu angeregt, noch mehr rote Blutkörperchen abzubauen. Diese Situationen werden "hyperhämolytische" Krisen genannt. Eine zunehmende Gelbfärbung der Haut und auch zunehmende Zeichen der Blutarmut wie Müdigkeit und Kopfschmerzen sind typische Anzeichen für solche Krisen. Bei Kindern mit Kugelzellenanämie ist der Verlauf meist milde und eine Bluttransfusion nur selten nötig.

Aplastische Krise

Bei einer "aplastischen Krise" ist die Blutbildung im Knochenmark für eine bestimmte Zeit unterdrückt. Schwere "aplastische" Krisen können bei Kindern mit Kugelzellenanämie infolge einer Infektion mit dem ParvoVirus B19, dem Erreger der Ringelröteln, entstehen. Die Parvovirus-Infektion kann auch bei Kindern, die bisher nie eine Transfusion benötigten und die nur eine milde gesteigerte Hämolyse aufweisen, zu einer schweren transfusionsbedürftigen Krise führen.

Die aplastische Krise tritt bei Kindern mit einer Kugelzellenanämie, mit wenigen Ausnahmen, nur einmal im Leben auf, da die Infektion in der Regel eine lebenslange körpereigene Abwehrfähigkeit (Immunität) hinterlässt. Aplastische Krisen gehen mit einem schnellen, starken Abfall der Konzentration des roten Blutfarbstoffes und zügig fortschreitenden Zeichen der Blutarmut einher.

Oft ist eine Bluttransfusion notwendig, damit es nicht zu lebensbedrohlichem Sauerstoffmangel, zunehmender Schwäche und anschließendem Herz-Kreislauf-Versagen kommt. Patienten mit Sphärozytose profitieren im Einzelfall bei geringstem Verdacht auf Kontakt mit Ringelröteln von einer sofortigen subkutanen Gabe von Immunglobulinen, um den Verlauf der zu erwartenden aplastischen Krise abzuschwächen. Dazu wird die subkutane (s.c.) Gabe von 2 - 5 ml Immunglobulin (mit einem hohen Anti-Parvovirustiter) empfohlen. Bei geringstem Verdacht auf Kontakt mit Ringelröteln sollte daher sofort der Kinderarzt oder ein pädiatrischer Hämatologe/ ein Kinderhämatologisches Zentrum aufgesucht werden.

Eltern von Kindern mit angeborener Kugelzellenanämie müssen deshalb

  • gegenüber dem Auftreten von Ringelröteln in der Umgebung (Kindergarten, Krippe, Schule etc.) wachsam sein;
  • wissen: Der für Ringelröteln typische Hautausschlag, meist eine schmetterlingsförmige Rötung der Wangen und girlandenförmiger Hautausschlag and Armen, Beinen und Rumpf, fehlt bei Patienten mit einer hämolytischen Anämie wie der Kugelzellenanämie;
  • durch Krankheitszeichen wie plötzlich auftretende Blässe und zunehmende Müdigkeit bei ihren Kindern, insbesondere wenn diese im Zusammenhang mit fieberhaften Infekten, Erbrechen, heftigen Kopfschmerzen und Bauchschmerzen auftreten, alarmiert sein: Der Patient muss dann sofort in einem Krankenhaus behandelt werden.

Milzvergrößerung (Splenomegalie)

Kinder mit Kugelzellenanämie haben oft eine vergrößerte Milz. Ist diese so groß, dass sie über den linken unteren Rippenbogen hinausragt, besteht ein gering erhöhtes Risiko für einen lebensbedrohlichen Milzeinriss, beispielsweise verursacht durch eine Bauchverletzung. Nicht ganz selten kommt es im Rahmen eines Fahrradsturzes zum Milzriss, bei dem der Fahrradlenker in den Bauch gedrückt wurde. Wir raten daher Kindern und Jugendlichen mit Sphärozytose und deutlicher Milzvergrößerung vom Radrennsport ab. Im Alltag ist Fahrradfahren erlaubt. Andere Sportarten, auch Kampfsportarten, sind erlaubt.

Auf die möglicherweise anämiebedingte Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit sollte geachtet werden. Eine teilweise Entfernung der Milz erniedrigt das Risiko und stellt nach sorgfältiger, individueller Abwägung von Nutzen und Risiken durch ein spezialisiertes Behandlungsteam eine Therapieform für manche Patienten mit Kugelzellenanämie dar, die weiterhin Sport treiben möchten. Weitere Informationen zur Milzentfernung und deren Folgen finden sich im Kapitel "Behandlung".