Krankheitsverläufe: Wie können Thrombozytosen verlaufen?

Autor:  Prof. Dr. med. Markus Metzler, Zuletzt geändert: 10.01.2024 https://kinderblutkrankheiten.de/doi/e274938

Insgesamt ist der Krankheitsverlauf von Kindern und Jugendlichen mit erhöhten Blutplättchenzahlen (Thrombozytosen) in den allermeisten Fällen schwerwiegend. Dabei ist das Risiko von der zugrunde liegenden Ursache abhängig.

Bei der sekundären, reaktiven Thrombozytose (siehe Ursachen) ist die Störung nur vorübergehend. Schwerwiegende Komplikationen wie Gerinnselbildungen (Thrombosen) oder Blutungen (siehe Krankheitszeichen) treten selten auf. In der Regel kommt es nur dann zu Komplikationen, wenn die Thrombozytenzahlen extrem hoch sind (deutliche >1 Million/µl Blut) und die Kinder gleichzeitig zusätzliche Risikofaktoren für eine gesteigerte Blutgerinnung haben. Hierzu gehören insbesondere Bluterkrankungen mit Defekten oder Fehlsteuerungen von gerinnungsfördernden Stoffen (Gerinnungsfaktoren) wie die so genannte Faktor-V-Leiden-Mutation (Thrombophilie) oder der Protein C-Mangel.

Primäre Thrombozytosen (siehe Ursachen) können sowohl langfristig bestehen als auch zu Thrombosen und Blutungen führen.

Die Häufigkeit hängt bei nicht angeborenen primären Thrombozytosen in Abhängigkeit von der Form der myeloproliferativen Neoplasie ab und ist bei der Polycythaemia vera (PV), bei der auch die anderen Blutzellreihen betroffen sind, am höchsten. Bei Erwachsenen mit PV liegt die Rate thrombotischer Ereignisse bei ca. 20 - 40%, die von Blutungen bei ca. 7 %. Demgegenüber liegt bei Erwachsenen mit essenzieller Thrombozythämie (ET) die Rate thrombotischer Ereignisse bei ca. 20 %, die von Blutungen bei ca. 4 - 10 Prozent. Wegen der Seltenheit der primären, nicht angeborenen Thrombozytosen bei Kindern und Jugendlichen existieren kaum Daten für die Komplikationsraten. Diese sind jedoch der Erfahrung nach deutlich niedriger als bei Erwachsenen. Dabei sind im Fall einer essenziellen Thrombozythämie (ET) Patienten (Kinder und Erwachsene), die eine JAK2-Mutation aufweisen, in stärkerem Maße von Thrombose-Ereignissen betroffen.

Sehr wenig Daten gibt es auch zum Thromboserisiko bei den angeborenen primären Thrombozytosen. Auch bei diesen besteht ein erhöhtes Risiko, das aber wahrscheinlich etwas niedriger als das bei nicht angeborenen primären Thrombozytosen ist.

Bei nicht angeborenen primären Thrombozytosen, wie der Myeloproliferative Neoplasie (MPN), sowie in geringerem Maße bei einzelnen Formen von angeborenen primären Thrombozytosen besteht außerdem das Risiko des Voranschreitens hin zu einer Myelofibrose (MF) sowie zur Umwandlung in eine Leukämie. Dieses Risiko ist ebenfalls abhängig von der Form der myeloproliferativen Neoplasie. Bei Erwachsenen mit einer essenziellen Thrombozythämie ist das Risiko für einen Übergang in eine MF bei bis zu 10 %, das einer Umwandlung in eine Leukämie bei unter 3 %. Auch hier ist die Datenlage für Kinder sehr begrenzt, genaue Aussagen können nicht getroffen werden.

Auch hinsichtlich des Risikos für den Übergang in eine Myelofibrose oder die Entstehung einer Leukämie gilt, dass das Vorliegen einer JAK2-Mutation einen besonderen Risiko-Faktor darstellt.

Bei der im Kindes- und Jugendalter dominierenden „triple-negativen“ essenziellen Thrombozythämie scheint das Risiko für jegliche Komplikationen eher gering zu sein, weswegen insbesondere bei diesen Patienten ein zurückhaltendes Vorgehen bezüglich einer medikamentösen Behandlung empfohlen wird.